Nach zahlreichen
Restaurierungen u.a. auch in den
fünfziger Jahren und Ende der sechziger, entdeckte man 1978 einen
zwei Meter langen Riss durch das Gemälde. Nun musste man sich
auch überlegen, wie man die Statik der Wand stabilisieren konnte.
Es wurde beschlossen, eine Metallkonstruktion hinter die 70 cm
dicke Mauer zu ziehen. Außerdem installierte man
Kontrollgeräte, die aufzeichneten, warum die Wand des
Refektoriums sich überhaupt verschob. Die Erklärung lag
allerdings bereits nahe, denn der starke Autoverkehr und die
Straßenbahn erschütterten die umliegenden Gebäude. Doch auch
Staub und Smog setzten dem Werk zu. Gegen den Verkehr ist man bis
heute machtlos. Gegen den Staub wurden Sicherheitsschleusen
eingebaut, durch die nur maximal bis zu dreißig Besucher jeweils in das
Refektorium eingelassen werden. Eine Klimaanlage regelt den
Feuchtigkeitsgehalt der Luft.
Der italienische Staat
allein konnte nicht genügend Geld für die Arbeiten aufbringen, so
dass die neuste Restaurierung durch die Firma Olivetti gesponsert
wurde. Seit 1980 arbeitete
Italiens renommierteste und bekannteste Leonardo-Expertin und
Restauratorin an der insgesamt siebten Rekonstruktion von Leonardos Meisterwerk, um es
für die Nachwelt und vor dem Untergang zu retten. Nach Schätzung
der Kunsthistoriker vermutete man, dass das Gemälde noch zu 70%
erhalten sei. In mühsamer Kleinarbeit trug Pinin (Giuseppina)
Brambilla Farbreste ab. Sie und ihre Mitarbeiter kämpften gegen
Feuchtigkeit, Pilze, Bakterien und reinigten die Oberfläche von der
Mirkoflora und den falschen Übermalungen, die durch frühere unsachgemäße
Restauratoren und ihre Methoden verursacht worden waren. Nach
den ersten Untersuchungen, stand fest, dass Jahrhunderte lang ein verfälschtes Werk zu sehen war. Die Aufgabe
bestand nun darin, das Original, welches unter Schmutz, Staub und
mehreren Lackschichten verborgen war, wieder freizulegen und
dauerhaft zu fixieren, damit der Erhalt des Bildes gewährleistet
werden konnte. Eine Arbeit, bei der man mit Pinzette und feinstem
Werkzeug unter einem Vergrößerungsglas hantiert. An den Stellen,
wo keine Farbspuren mehr vorhanden waren, wurden mit feinstem
Pinsel, neutrale Farbtöne aufgetragen. Insgesamt eine
äußerst anstrengende Sisyphosarbeit. Es gab zudem z.T. immer
wieder monatelange Pausen, in denen das weitere Vorgehen anhand der
neusten Analysen und Auswertungen überlegt wurde. Dabei
überwachte ein internationales Komitee die Restaurierungsarbeiten,
denn das Abendmahl gehört zu den von der UNESCO unter Schutz
gestellten Kulturdenkmälern der Menschheit. Dank
des mühevollen Einsatzes der Restauratoren gelang es, die markanten,
feinen und detaillierten Apostelprofile wieder sichtbar zu machen.
Die Farben des Originals waren erheblich heller und flacher. Man
sah plötzlich klare Gesichter, Details in der Tischdecke, die
Lichtreflexe der Gewänder in den Zinntellern und Gläsern,
Gobelins im Hintergrund. Besonders an der linken Seite des
Gemäldes fand Giuseppina Brambilla fast gar kein farbliches
Original mehr vor, sondern nur noch die Konstruktion von Leonardo.
Gerade der Kopf des Judas war so gut wie verschwunden. So muss man
diesbezüglich wohl auch in Zukunft mit einer Fälschung vorlieb
nehmen. An den Fehlstellen, wo nur noch das blanke Mauerwerk
erhalten war, wurde vorsichtig mit Aquarellfarbe retuschiert, die
jederzeit wieder entfernt werden kann. Wäre es nach dem Wunsch von Giuseppina
Brambilla gegangen, hätte man das Refektorium zur keimfreien Zone
erklärt. Doch dieser Wunsch war nicht durchzusetzen. Nach wie vor
setzen Feuchtigkeit, Schimmel und Temperaturschwankungen dem
Gemälde zu. Erst 1999 wurden die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen. Doch es ist sicher,
dass aufgrund der
Umwelteinflüsse immer wieder Nachsorge geboten sein wird. |