Auf
dem Domplatz kann man die
imposante Architektur des zweitgrößten
Kirchenbaus Italiens erst einmal auf
sich wirken lassen. Über 3000
Statuen schmücken das Bauwerk,
dessen heller Marmor zu Heinrich
Heines Zeiten sogar schon von den
Alpen aus sichtbar gewesen sein
soll. Heute behindern Smog und höhere
Gebäude in der Umgebung die Sicht.
Ende des 14. Jahrhunderts wurde mit
dem Bau begonnen, doch erst 1572
wurde der Dom (S. Maria Nascente)
geweiht, der im Westteil noch mit
einer einfachen Backsteinmauer
abschloss. An den ausgefeilten
Verzierungen am Dom arbeitete man
auch in den späteren Jahrhunderten
immer weiter. Noch bis 1935 wurden
Details angefertigt und die ersten
Elemente bereits restauriert. Die fünfteilige
Fassade ist somit eine Mischung aus
barocken und neugotischen
Stilelementen.

Dom,
Fassade
Der
immense Innenraum, der 40 000
Menschen Platz bietet, ist fünfschiffig
angelegt. Für das dunkle Licht
sorgen die größtenteils aus dem
19. Jh. stammenden bunten
Kirchenfenster.

Dom, Innenraum
Auf
keinen Fall auslassen, sollte man
den Aufstieg zu den Terrazzi, die über eine
Treppe oder den Fahrstuhl zu
erreichen sind. Auf dem Dach des
Domes, vorbei an den vielen Türmchen
und Figuren hat man zudem einen
Ausblick auf die Stadt. Leider auch
auf viele Bausünden wie z.B. den
106 Meter hohen und nach oben hin
breiter werdenden "Torre
Velasca" - einem Büro- und
Appartementhochhaus aus grauem
Beton, welches 1957-60 entstand. Die
Terrazzi sind eine Welt für sich
und obgleich wir nicht in Paris sind
und Notre Dame besichtigen, erinnert
diese Welt an das Reich Quasimodos.

Dom,
Terrazzi
Mailand
bietet keinen geschlossenen
Altstadtkern. Immer wieder
unterbrechen moderne und wenig
ideenreiche Bauwerke das als
"typisch italienisch"
empfundene Straßenbild.
Die Stadt ist lärmend und bietet
nur an wenigen Stellen so etwas wie
Flair. Wer schon einmal in Rom war,
dem wird Mailand um vieles hektischer
und schmutziger vorkommen. Zwischen
den Besichtigungshöhepunkten sind
lange Durststrecken zu ertragen. Nur
in wenigen zunächst einladend
erscheinenden Cafés
und Restaurants gibt es Bedienung -
zumeist muss man sich das Essen
selbst holen.
In
unmittelbarer Nähe zum Dom befindet
sich die weltberühmte und glasüberdachte Galleria Emanuele II. Wer
mag, kann in einem Café
verweilen, ansonsten gibt es dort
unerwarteterweise nicht nur renommierte Läden, sondern auch ganz
und gar Gewöhnliches. In erster Linie ist
also die Galleria als Bauwerk
interessant. Zum Einkaufen eignen
sich eher die kleinen Boutiquen und
Geschäfte in den Seitenstraßen der
Innenstadt mit ihren
Seidenkreationen und strengen
Schnitten sowie das Kaufhaus
"La Rinascente", auch
seitlich vom Dom gelegen. Am
Ende der Galleria gelangt man zur
berühmten Mailänder Scala.
Auch
wer als Fußgänger in Mailand
unterwegs ist, sollte auf einen
guten Stadtplan nicht verzichten.
Die Straßen sind gekrümmt und
verschachtelt, so dass man schnell
die Orientierung verliert. Die
wichtigsten Sehenswürdigkeiten
liegen alle in einem Radius von drei
Kilometern verteilt. Es macht Spaß, sich
selbst eine Route zu überlegen. Wer
gut zu Fuß ist und Ausdauer hat
"schafft" die
architektonischen Höhepunkte an
einem Tag. Wer sich mehr Zeit lassen
will und auch die Museen und Paläste
besuchen möchte, benötigt mindestens
2-3 Tage. Doch fleißige
Italientouristen, die bereits Rom,
Florenz und Venedig kennen gelernt
haben, empfinden Mailand
wahrscheinlich nicht als besonderes
Highlight, deshalb empfehlen wir nur
einen Kurzaufenthalt.
Neben
dem Dom ist unbestritten der zweite Höhepunkt
bei den Besichtigungen die Kirche Santa
Maria della Grazie - gelegen in der
westlichen Innenstadt Mailands. Die
Dominikaner-Klosterkirche wurde
zwischen 1463-1469 erbaut. Uns hat
diese Kirche am besten gefallen -
von außen, mit ihrem Kreuzgang und
in großem Maße der sehr ästhetisch
anmutende Innenraum! Und das
Refektorium bietet einen weiteren
Schatz des Weltkulturerbes - Das
letzte Abendmahl - von
Leonardo da Vinci. Durch einen
gesonderten Eingang gelangt man
durch mehrere Sicherheitsschleusen
zum "Cenacolo Vinciano"
(Abendmahl Vincis).
Wir
waren zunächst überrascht als uns
ein freundlicher Herr vor dem
Eingang nach unseren Anmeldungen
fragte. Dennoch konnten wir dann
doch zu zweit noch hinter einer
Reisegruppe die Schleusen passieren.
Im Refektoriumsraum selbst dürfen
wegen der Luftfeuchtigkeit nicht
mehr als 30-50 Personen zur gleichen
Zeit anwesend sein. Nach ca. 10
Minuten wird man zum Ausgang gebeten und die nächste Gruppe
eingelassen. Dieser sehr geregelte
Ablauf und die Kürze der gewährten
Anschauungszeit mag dem wirklich
Kunstinteressierten etwas von der
Freude und der Romantik rauben, die zur
Besichtigung eines solch bedeutenden
Werkes gehört. Dennoch bleibt die
Schönheit des Gemäldes
unbestritten - auch wenn die
Meinungen hinsichtlich des Gelingens
der Restaurierung weit auseinander
gehen.
Eine
der interessantesten Kirchenbauten
ist San Lorenzo Maggiore,
auf der Rückseite angrenzend an
eine kleine Grünfläche, die
Vorderfront abgeschirmt von einer römischen
Säulenreihe. Das Innere ist eher
schlicht und dunkel gestaltet. Es
gibt einige kleine Fresken in den
Nebenkapellen, die gegen Gebühr zu
besichtigen sind. Zu den wichtigsten
mittelalterlichen Kulturdenkmälern
der Stadt gehört die Kirche S.
Ambrogio, eines der
bedeutendsten romanischen
Sakralbauten der Lombardei.
Weitere
Sehenswürdigkeiten sind: Das Castello
Sforzesco, eine grandiose
Festungsanlage, die ihren Ursprung
im 14. Jh. hat und immer wieder zerstört
und aufgebaut wurde. Der angrenzende
kleine Park dient ein wenig zur
Erholung für die Mailänder und die
Touristen. Grünflächen sind leider
Mangelware in dieser Stadt. Der
Komplex selbst wird z. T. als Museum
genutzt (Gemäldesammlung, Ägyptische
Sammlung, Musikinstrumente,
Kunsthandwerk, Mobiliar, Bibliothek).
Ebenso zu besichtigen sind die von
bedeutenden Künstlern ausgemalten Räume
wie z.B. der Sala delle Asse (Saal
8), der von Leonardo da Vinci
gestaltet wurde.

Castello Sforzesco
Die
Pinacoteca di Brera
beherbergt neben den Uffizien in
Florenz Italiens wichtigste Gemäldesammlung.
Wer
trotz allen Einschränkungen einen
Ausflug nach Mailand nicht scheut,
sollte am besten im Frühling oder
Herbst anreisen. Im Sommer erstickt
die Stadt unter Hitze und Smog. Wer
seinen Aufenthalt gut plant und
nicht zu viel ars vivendi erwartet,
kann in überschaubarer Zeit, die
wichtigsten Kunstschätze der Stadt
genießen. |
|
Ein Reisebericht von
Sonia Senthaler

Steckbrief
Mailand
Hauptstadt
der Lombardei
1,3 Mio Einwohner
Verkehrsknotenpunkt
2 Flughäfen
Größtes Industrie-, Messe-
und Handelszentrum Italiens
Medienstadt
Verlagsstadt
Die wichtigsten
Sehenswürdigkeiten:
Santa
Maria delle Grazie
Teatro alla Scala,
Pinacoteca di Brera,
S. Ambrogio,
Dom

Dom, Fenster
Stadtgeschichte:
im
Altertum |
gegründet
als Hauptstadt der kelt.
Isubrer |
222
v. Chr. |
von
den Römern erobert |
374(?)-397 |
Ambrosius
ist Bischof von Mailand |
11.
Jh. |
die
Stadt erlangt
Selbständigkeit, als Haupt
der lombard. Städtebünde
Feind der Staufferkaiser |
1162 |
Zerstörung
durch Friedrich Barbarossa |
1167 |
Wiederaufbau |
1277 |
Stadtherrschaft
der Visconti |
1395 |
die
zu Herzögen aufgestiegenen
Visconti unterwerfen die
Lombardei |
1450 |
Beginn
der Herrschaft der Sforza |
1499-1512/
1515-21 und 1524/25 |
Das
Herzogtum Mailand steht
unter französischer
Herrschaft |
1535 |
Durch
Kaiser Karl V. fällt das
Hzgt. Mailand an Spanien |
1714 |
Mailand
gehört zu Österreich |
1797-1814 |
Mailand
geht wieder in den französischen
Machtbereich über |
1859 |
Österreich
verliert Mailand an Italien |

Dom, Terrazzi

Galleria
Emanuele II

S. Maria delle Grazie

S. Maria delle Grazie

S. Lorenzo Maggiore
(Rückansicht)

S. Lorenzo Maggiore
(Vorderansicht)

S. Lorenzo Maggiore
(Innenansicht)
Reiseführer
und Bücher:
Baedeker,
Lombardei Mailand
Oberitalienische Seen |
Lydia
L. Dewiel,
Lombardei und
Oberitalienische Seen. Kunst
und Landschaft zwischen Adda
und Po.
DuMont Kunstreiseführer |
Oberitalien.
Piemont Lombardei Venetien
Friaul Emilia-Romagna.
Photographie: Gerhard P.
Müller, Martin Thomas.
Text: Thorsten Droste,
Michael Neumann-Adrian.
Cormoran Verlag, München |
Gerda
Rob. Eine romantische Reise
durch Italien.
MIRA Verlag, Künzelsau |
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