Die Klassik

 

   

 

 Die griechische Klassik in der Kunst

 

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Neben der Architektur hat die Epoche der  griechischen Klassik auch in der Kunst bezüglich der Proportionen, Formen, des Bewegungs- und Haltungsausdrucks  ein Ideal hervorgebracht. 

Die Plastik
In der Klassik überwinden die Griechen die archaische Frontalität und symmetrisch strenge Gliederordnung. Ein harmonischer Ausgleich der Körperverhältnisse  - die Ponderation - und das Gegenspiel von Bewegung und Ruhe - der Kontrapost - werden entwickelt. 

Links: Kritiosknabe, um 480 v. Chr., Marmor, Höhe 0,86 m, 
Athen, Akropolismuseum
Der Kritiosknabe zeigt erste Ansätze des Kontrapost: Das Standbein gibt dem Körper die Spannung, die über die Hüften bis in die Schulter verläuft, im Spielbein wird diese Spannung wieder gelöst. 

Den vollausgebildeten Kontrapost bewunderten schon Zeitgenossen beim Speerträger des Polyklet, dessen Bronzen leider verloren gingen. Es gab ideale Maßverhältnisse, um die Harmonie festzulegen. Die ebenmäßig geformten und klar durchgebildeten Gliedmaßen und Muskelpartien werden hier durch den Kontrapost in einen ideal-organischen Bewegungsfluß gebracht. Dem gestrafften rechten Bein ist der gelöste rechte Arm zugeordnet, dem gelockerten Spielbein entspricht der kraftvoll angewinkelte linke Arm. Den harmonischen Ausgleich von Anspannung und Entspannung bringen auch die beiden entgegengesetzten Linien des Beckens und des Schultergürtels. Auch in der Kopfhaltung werden die Figuren beweglicher. Bei dem älteren Kritiosknaben ist das "archaische Lächeln" bereits einer ernsthaften Würde gewichen, allerdings wird hier der Frontalblick noch beibehalten. Bei dem Speerträger hingegen ist die Kopfbewegung dem lebendigen Linienfluß des ganzen Körpers integriert, der gestraffte Halsmuskel vermittelt überzeugend zwischen Kopf und Körper, sein Richtungsverlauf stimmt mit dem des Spielbeins überein.

Der Idealtypus 

Statuen der Tyrannenmörder Harmodios und Aristogeiton 
(oben: Ausschnitt von Harmodios)
Marmor, unbekannter Fundort, zwischen 1586 und 1790 in Rom
Neapel, Mueso Archeologico Nazionale

Das Motiv geht auf eine wahrscheinlich von den Bildhauern Kritios und Nesiotes geschaffende Statuengruppe zurück, welche ca. 477/76 v. Chr. auf der Agora in Athen errichtet wurde. Die bronzenen Ehrenstatuen zeigen die Tyrannenmörder Harmodios und Aristogeiton, die 514 v. Chr. den Tyrannen Hipparchos ermordeten und wenig später selbst getötet wurden. Nach der Einführung der Demokratie in Athen - Jahre später - stilisierte man die beiden Attentäter zu Volkshelden. 
Die Ehrenstatuen zeigen nicht nur ihren Angriff, den die Männer mit ihren Schwertern gegen den Tyrannen führten, sondern zeigen
Harmodios und Aristogeiton durch ihre Nacktheit als ehrenwerte und schöne Charaktere. Das reale Erscheinungsbild der beiden während der Tat, gehüllt in Mäntel und die individuellen Gesichtszüge spielen hierbei keine Rolle. Körper und Antlitz sind idealtypisch gearbeitet. Aristogeiton ist durch seine Haltung und den Bart als älterer, erfahrener Kämpfer erkennbar.

Der Körper und die Bewegung

Links: Doryphoros (Speerträger) des Bildhausers Polyklet (vorne)
(Original aus Bronze, um 450/440 v. Chr., also zu Beginn der Hochklassik)
Marmorkopie aus der Palästra von Pompeji, frühe röm. Kaiserzeit
Neapel, Mueso Archeologico Nazionale

und Torso des Doryphoris,
Marmorkopie aus Rom (Palatin), frühe röm. Kaiserzeit,
Berlin, Antikensammlung

Polyklet muß einer der berühmtesten Bildhauer seiner Zeit gewesen sein, dessen Werke oft kopiert wurden. Er schuf Statuen von Göttern, Heroen oder berühmten Zeitgenossen, die öffentlich aufgestellt wurden. Der Kontrapost ist hier nicht nur vollständig entwickelt, sondern extrem ausgeführt. Das Spielbein ist nicht nur zurückgesetzt, sondern auch vom Gewicht entlastet, denn der Fuß berührt nur mit den Zehen den Boden. Die Statue zeigt also eine Gestalt, die tatsächlich nur auf einem Bein steht und die dadurch auch das Becken extrem nach vorne und zur Seite kippen muß, um anatomisch das Gleichgewicht zu halten.

An diesem Beispiel werden allerdings auch die Grenzen des Kontrapostes erkennbar, denn die Dynamik einer Bewegung kann so nicht eingefangen werden.

Die Plastik ab der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. verläßt diese nach Geschlossenheit drängende Komposition und stellt eine zwanglose Körperhaltung in den Mittelpunkt. Anmut und Grazie sowie ein verinnerlichter und damit menschlicher Gesichtsausdruck werden nun bei den bildhauerischen Arbeiten erreicht. Den Höhepunkt dieser mehr dem Gefühl und der sinnlichen Schönheit verpflichteten Plastik erreichte die Kunst des Praxiteles, dessen eigentümliche Arbeitsweise darauf beruhte, eine besondere Weichheit der plastischen Formen zu bilden. Er wagte es auch als erster griechischer Künstler die Göttin Aphrodite unbekleidet darzustellen.

Der Faltenwurf

Die verschiedenen Statuen zeigen die Entwicklung bei der Herausarbeitung des Faltenwurfs der Kleidung. Besonders bei den Darstellungen der Aphrodite waren das reich gefaltete Gewand (Chiton) und der Mantel typische Attribute.

Foto ganz links: Terrakottastatue aus dem Heiligtum von Lavinium, Mitte des 4. Jhs. v. Chr.
Practica di Mare, Magazin der Soprintendenza Archeologica del Lazio

Foto links: Angelehnte Aphrodite "in den Gärten" (Vordergrund) Römische Marmorkopie, um 435 v. Chr., Paris, Musée du Louvre

Foto links: Aphrodite mit der Schildkröte (Hintergrund), Marmor um 420 v. Chr., 
Berlin, Antikensammlung

Foto rechts: Eirene mit Plutosknaben,  Marmorkopie, 2. Jh. n. Chr.,  (Bronzeoriginal von Kephisodot, um 370 v. Chr.), 
München, Glyptothek

Das Relief

Links: Grabstele des Bürgers Thraseas und seiner Frau Euandria 
ca. 350-340 v. Chr., Athen, Kerameikos
Berlin, Antikensammlung
Die Anordnung und der Habitus der Personen zeigen das Idealbild eines Paares, welches sich in Zuneigung (das Reichen der Hand, die Blicke treffen sich) verbunden ist. Dazwischen trauert ein Hinterbliebener (auch Sklave).

Unten links: Stadtbelagerung 
ca. 350-370 v. Chr.
Wien, Kunsthistorisches Museum
Durch die Staffelung der Krieger mit ihren Schilden wurde versucht, eine räumliche und perspektivische Wirkung zu erzielen. Das Motiv ist Teil des Westfrieses des Heroons (Heiligtum eines Heros) von Trysa und zählt zu den bedeutendsten Beispielen der frühen Reliefplastik mit Linearperspektive.

Unten rechts: Neuattische Reliefdarstellung nach dem "Charitenrelief" eines Sokrates
Marmorkopie, 50 vor Chr. aus Rom,
Vatikanische Museen, Mueso Chiaramonti
Das Original befand sich in den Propyläen der Akropolis und wurde angeblich von einem Bildhauer namens Sokrates geschaffen. Seit der Zeit des Hellenismus wurde dieser mit dem berühmten Philosophen gleichgesetzt. Besonders reizvoll ist die unterschiedliche Darstellung der Personen frontal, im Halb- und Vollprofil.

(Die  drei Chariten, Göttinnen der Anmut)

Reiter vom Westfries des Parthenon, 
um 435 v. Chr., Marmor, Höhe 1 m, London, Britisches Museum

Die Reiter zeigen trotz eines lebendigen Bewegungsspiels eine starke Geschlossenheit der Form. Pferd und Reiter haben einen gemeinsamen Schwerpunkt, von dem die Kräfte ausgehen und wieder zurückkehren. Auch zwischen den beiden Reitern besteht eine kraftbedingte, innere Abhängigkeit. Zwischen dem zurückblickenden vorderen Reiter und dem sich aufbäumenden Pferd entsteht ein Spannungsfeld, das der Gruppe in gleicher Weise Halt und Bewegung verleiht.

Die Darstellung der Götter

Links: Athenafigur der Athena-Marsyas-Gruppe des Myron
Römische Marmorkopie d. 2. Jh. n. Chr.
(Original: 450 v. Chr.) 
Madrid, Museo del Prado

Im Zeitalter der Klassik gilt das Maß aller Dinge: Proportionen werden vermessen, Perspektiven beleuchtet, Zahlenverhältnisse in Harmonie gesetzt. Die Erforschung der Welt führte auch zu einer Veränderung im Götterbild. Die bisherige Vorstellung, dass die Götter in das Leben der Menschen direkt eingreifen, wich der Idee, dass die Götter die ersten Erfinder (protos heuretes) zivilisatorischer Neuerungen seien. Der Mensch greife diese Errungenschaften dann auf, um sie weiter zu entwickeln und zu perfektionieren. 
Die Athena-Marsyas-Gruppe, deren Original verloren ging, stand auf der Akropolis in Athen. Der Bildhauer Myron schuf sie um das Jahr 450 v. Chr.. 

Die zurückweichende Göttin Athena, die als Erfinderin des Musikinstrumentes Auloi (der Oboe ähnlich) galt, wurde beim Spiel des Instrumentes im Gesicht entstellt. Deshalb warf sie die Auloi weg. Der neugierige und zugleich furchtsame Satyr Marsyas findet die am Boden liegende Auloi wieder und wurde später (der Sage nach) zum Meister des Aulo-Spiels. Während Athena ihren Körper anspannt, um wegzugehen, nähert sich Marsyas vorsichtig und spielerisch dem unbekannten Objekt.

Ares Borghese
Marmorkopie, 2. Viertel 2. Jh. n. Chr.
(Original um 430/420 v. Chr.)
Paris, Musée du Louvre

Ob es sich bei dieser Figur wirklich um eine Nachbildung einer Statue oder um die Vermischung mehrerer antiker Vorlagen handelt, kann nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden. Der Helm an sich wie auch die Ähnlichkeit zum Helm der Athena Parthenos ermöglichen beide Interpretationen. Ebenso spekulativ bleibt dann auch die Annahme die Figur wäre Bestandteil des Arestempels in Athen gewesen.

Spätestens seit homerischer Zeit (Ende des 8. Jhs. v. Chr.) stellten die Griechen ihre Götter in menschlicher Gestalt dar. Merkmal der griechischen Klassik ist jedoch auch die Überwindung der tradierten Vorstellungen. Neue Formen und individuellere Ausdrucksweisen führten zwischen den Künstlern und Intellektuellen auf der einen Seite und dem einfachen Volk auf der anderen zu unterschiedlicher Akzeptanz. Gegen Ende des 5. Jhs. v. Chr. versuchten die Künstler neben dem körperlich-lebendigen auch den seelischen Ausdruck in der Skulptur herauszuarbeiten.
Der Kriegsgott Ares wirkt hier in Körperhaltung und Gesichtsausdruck eher nachdenklich statt kriegerisch. Der muskulöse Körper und der Speer in der Linken Hand (nicht mehr vorhanden) greifen auf alte Vorstellungsmuster zurück, so dass die Figur als Kriegsgott wieder erkannt wurde. Doch die Haltung zeigt Zurücknahme und Unentschlossenheit. Dieser Kriegsgott kämpft wohl nur, wenn er unbedingt muß. Er ist viel mehr Verteidiger, als Angreifer. Ein überlegender und damit auch überlegener Gott?

Karyatide aus der Villa Hadriana
Marmorkopie 2.Jh. n. Chr. von der vierten Kore des Erechtheions (Akropolis, Athen)
(Original: 430/ 420 v. Chr.)
Tivoli, Museum der Villa Hadriana

Lediglich die dritte und die vierte Kore (= Tochter der Göttin Demeter/ allgemein Ausdruck für "Mädchen") des Erechtheions wurden für die Villa Hadriana und auch noch einmal für das Augustusforum in Rom kopiert. Sie gelten als berühmte Beispiele für die klassische griechische Kunst im Gegensatz zu den hellenistischen Darstellungstypen. 

Karyatiden sind Skulpturen von Mädchen, besonders Tänzerinnen aus dem lakonischen Dorf Karyai. Im Krieg gegen die Perser standen die Dorfbewohner auf der feindlichen Seite. Aus diesem Grunde wurden die Frauen versklavt. Sklavinnen waren dazu bestimmt, Lasten - ggf. auch auf ihren Köpfen zu tragen. So entstand im 6. Jh. v. Chr. die Mode, die gebälktragenden Säulen durch weibliche und mädchenhafte Figuren zu ersetzen. Die Statuen wurden mit langen fließenden Gewändern gestaltet. Das Säulenkapitell wirkt wie eine Krone auf dem Kopf der Figur.

Statue des Hadrian im Typus des "Ares Borghese" , 
Marmor, 120-130 n. Chr.
Rom, Musei Capitolini

Diese römische Nachbildung geht eventuell auf die Darstellung des Kriegsgottes Ares im berühmten Arestempel in Athen aus dem letzten Viertel des 5. Jhs v. Chr. zurück. Die Originalstatue wurde vom Bildhauer Alkamenes geschaffen. Aber letztlich läßt sich diese These nicht zweifelsfrei belegen. 
Die römische Skulptur zeigt Kaiser Hadrian als Kriegsgott mit Helm, Schild und Schwert. 

Tiber-Apoll - Griechischer Marmor, 
Mitte 2. Jh. n. Chr.
Rom, Museo Nazionale

Bei dieser Statue scheint es besonders schwer, darüber zu entscheiden, ob das Original in römischer Zeit geschaffen wurde oder ob es eine klassisch-griechische Vorlage gab.

Dennoch im Vergleich mit den verbürgten griechischen Werken aus der klassischen Periode nacht die Statue deutlich, wie lange sich die klassischen Merkmale über die Jahrhunderte hindurch großer Beliebtheit erfreuten. Denn auch der langanhaltende Erfolg dieser Darstellungsweise ist eine Eigenschaft der Klassik.
Sie Skulpturen werden ja auch noch heute als schön empfunden.

Der Tiber-Apoll wurde vor über hundert Jahren zerbrochen in mehrere Einzelteile aus dem Tiber geborgen. Der freundliche Gesichtsausdruck des jungen schönen Mannes läßt keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich hier um das Antlitz eines Gottes handeln muß. 

Das zeitgenössische Portrait

Links: Perikles, Marmorkopie, 1. Hälfte des 1. Jhs n. Chr.

weibliche Büste mit Polos
Terrakotta 
460/ 50 v. Chr.
Die  drei Chariten
(Göttinnen der Anmut)
Marmorkopie  - 50 vor Chr.
Bildnis eines Bürgers aus Athen, Marmor 
260-268 n.Chr.
Statue des Sophokles,
Marmorkopie 
2. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr.
Orestes und Electra,
Marmor 
Statue des Hadrian, 
Marmor, 
120-130 n. Chr.
Gruppe Orestes und Electra,
Marmor (Ausschnitt)

Die Vasenmalerei

Links:  Attisch-rotfiguriger Dinos mit Fuß: 
Triptolemos mit Ähren auf dem von schlangen gezogenen Flügelwagen
ca. 470 v. Chr.
Malibu, J. Paul Getty Museum

Analog zur Plastik entwickelten sich die Darstellungen bei der Vasenmalerei. Bei der Differenzierung der Gewand- und Körperformen bewahrt die frühe Malkunst die geschlossene Form der Komposition. In Bewegung und Ausdruck wird die Szenen von verhaltener Ruhe beherrscht. Die zarte Linienführung läßt den Versuch des Künstlers erkennen, die Körper plastisch zu beschreiben, ohne daß dadurch die Flächenhaftigkeit der Komposition leidet. 

In den späteren Arbeiten hingegen zeigen die Bilder Bewegung und Anmut. Zuweilen herrscht ein regelrechtes Gedränge von elegant gestreckten, in Höhe und Bildtiefe reichgestaffelten Figuren, von denen aber jede ihr Einzelleben führt. Jede der Figuren setzt sich ab durch Größe, Haltung und unterschiedliche Farbigkeit.

 

© Fotos: Turandot-Fotoarchiv