Die gotischen
Zeugnisse sind mit Ausnahme der in Runen aufgezeichneten
Inschriften in Osteuropa in einer eigenen gotischen Schrift überliefert,
die Bischof Wulfila (um 311 bis 383) selbst erfunden haben soll
und deshalb auch "Ulfilaschrift" genannt wird.
Dabei diente ihm die griechische Unziale (eine Großbuchstabenschrift
mit Kursivcharakter) als Vorbild. Für gotische Laute, die im
Griechischen keine Entsprechung hatten, setzte er lateinische
Buchstaben oder zog das Runenalphabet heran.
Um 700 entstand im
Reich der Westgoten die westgotische Schrift, eine Form der
Minuskel. Bis zum 12. Jh. wurde diese Schrift auf der Iberischen
Halbinsel verwendet.
Als gotische Schrift
bezeichnet man jedoch auch die Schriftarten, die in der
Stilepoche der Gotik entstanden. Im 11. Jh. bildete man zunächst
in Frankreich die karolingische Minuskel um: der Schriftkörper
wurde gestreckt, die Schäfte gebrochen, benachbarte Buchstaben
zusammengeschlossen. Die klassische Form wird im 13. Jh. in der
"Textura" erreicht.
Aus der gotischen
Kursive erwuchsen seit dem 14. Jh. neuartige Buchstaben mit
Unterlängen beim "f" und "s", die man
mit dem Begriff "Bastarda" bezeichnete. In
Deutschland gewann die "Bastarda"
seit dem 16. Jh. in den Druckschriften "Schwabacher"
und "Fraktur" große Bedeutung.
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