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Eine Einführung
Das 9 km vom Vesuv
entfernt gelegene Pompeji beherbergte bis zu 15.000 Einwohner.
Die
Katastrophe
Die Tragödie
hatte sich bereits im Jahre 62 angekündigt als ein heftiges Erdbeben die Stadt
erschütterte. Danach begann ein langsamer Wiederaufbau. Die Häuser,
Tempel und öffentlichen Gebäude wurden restauriert und z.
T. schöner wieder hergestellt als zuvor. Das Forum Triangulare
wurde neu errichtet, die ersten öffentlichen Bäder, die
Stabianer Thermen wurden neu erbaut sowie auch ein Teil des
Apollo-Tempels wiederhergestellt. Pompeji glich noch einer
riesigen Baustelle.
Am 24. August des
Jahres 79 war schönes Wetter. Der große
Geschichtsschreiber Plinius der Jüngere hat in zwei Briefen an
Tacitus Augenzeugenberichte der Katastrophe geliefert. Etwa
gegen 10.00 Uhr erschütterten Erdstöße die Stadt, Dächer stürzten
ein, dann explodierte mit einem erschütternden Knall der Gipfel
des Vesuvs und eine riesige schwarze Wolke schoß aus seinem
Trichter. Sofort prasselte ein Aschenregen auf die Stadt und
Lava ergoß sich talwärts.
Während das direkt
unter dem Vesuv gelegene Herculaneum sogleich unter einer
dichten Schicht von Schlamm, Lava und Wasserfluten begraben
wurde, starben in Pompeji die meisten Menschen an den tödlichen
Phosphordämpfen. Viele Bewohner hatten sich in ihre Häuser
geflüchtet, doch vergebens verbargen sie ihre Gesichter in Mänteln
und Kleidern. Wer sich im Freien aufhielt, wurde sogleich von
der Menge der umherfliegenden Lavabrocken und Bimssteine
erschlagen.
Diejenigen, die mit
dem Schiff zu fliehen versuchten, wurden von einer Flutwelle
wieder an die Küste zurück geworfen. Erst zwei Tage später
beruhigte sich der Vesuv wieder und die Sonne kam nach einem
weiteren Tag wieder zum Vorschein. Pompeji war völlig zerstört
und lag unter einer sechs bis sieben Meter dicken Ascheschicht
begraben. Unter den unzähligen Opfern befand sich auch der
Naturwissenschaftler Plinius der Ältere, der sich bei Ausbruch
des Vesuvs zu Forschungszwecken zu nah an die Stadt Stabiae
wagte, wo auch er an den giftigen Phosphordämpfen erstickte.
Die schönsten
Häuser und Villen der reichen Pompejaner hatten vor dem
Vesuvausbruch direkt am Meer gelegen. Nach der Katastrophe war Pompeji keine Hafenstadt
mehr, das Meer war um 1,5
km zurückgegangen. Von den Terrassen der
ausgegrabenen Häuser sieht man nur noch in der Ferne das Wasser.
Heute ist Pompeji eingerahmt von Verkehrsstraßen, die die
Touristen aus allen Richtungen in die Stadt führen.
Ausgrabungen
Erst 1594 und 1600
entdeckte man durch Zufall bei Entwässerungsarbeiten im
Sarno-Tal unterirdische Gänge mit Inschriften und Statuen. Doch
ahnte man noch nicht, daß es sich bei den Funden um Teile aus
Pompeji handelte. Die erste wissenschaftliche Grabung fand erst
später 1748 statt und wurde von König Karl von Bourbon in
Auftrag gegeben. Dieser hatte bereits zuvor die Grabungen in
Herculaneum initiiert. Ab 1860 beginnt aber erst die
eigentliche und systematische Ausgrabungsgeschichte, die bis
heute andauert. Über ein Drittel der Stadt ist noch nicht
ausgegraben. Zur Zeit finden in diesem Areal auch keine neuen
Grabungen statt.
Giuseppe Fiorelli
entwickelte bereits im 19. Jh. die Methode, in die Hohlräume
der Schuttberge flüssigen Gips zu spritzen und so die Lage und
den Ausdruck der Opfer festzuhalten, die während des Ausbruchs
den Sekundentod fanden. Nur in Pompeji kann man die Abdrücke
ganzer Familien auf diese Weise herstellen und der Nachwelt
damit ein bedrückendes Zeugnis liefern, wie schnell das Inferno
über die Menschen in der Stadt hereingebrochen sein muß.
Aufgrund der
Versiegelung mit Lava und Bimsstein ist Pompeji die
besterhaltene Stadt der Antike. Die Lava konservierte Gebäude,
Plätze, Kunstwerke und Alltagsgegenstände. Auch griechische
und etruskische Keramik wurde gefunden – ein Hinweis auf die Anfänge
der Stadt im 6. Jahrhundert v. Chr. Die erhaltenen Reste der
zahlreichen freigelegten Häuser geben Aufschluß über Wohnverhältnisse,
Handel, Gewerbe, Kunst, Privat- und Alltagsleben der Menschen in
einer antiken Stadt.
Bereits kurz nach
dem Vesuvausbruch kamen wahrscheinlich Familienangehörige, aber
auch Plünderer in die Stadt und versuchten, wertvolle Gegenstände
zu bergen. Die Diebe hatten es hauptsächlich auf Schmuck,
Bronze und Silbergeschirr abgesehen.
Im 18./19.
Jahrhundert - zu Beginn der Entdeckung - erfreuten sich
Ruinen und besonders die Antike großer Beliebtheit. Der
Empire-Stil wurde erfunden. Das antike Leben war Gegenstand
zahlreicher romantischer Darstellungen in Schrift und Bild.
Goethe besuchte Pompeji und malte den Vesuv und zahlreiche
andere Reisende folgten. Reiseunternehmen und Reiseführer wie
der Baedeker nahmen Pompeji in ihr Programm auf. 1834 veröffentlichte
der englische Autor Edward Bulwer-Lytton (1803-1873) seinen berühmten
Roman "Die letzten Tage von Pompeji". Gleich zu Beginn
der Stummfilmzeit wurden mehrere Fassungen dieses Stoffes
gedreht; bereits 1900 lief der erste Streifen dieser Gattung in
den Kinos. Reiche Leute ließen ihre Häuser in Paris und London
im pompejanischen Stil errichten. Man liebte es auch,
klischeehafte Darstellungen in der Malerei an die Wände zu hängen.
Garibaldi ernannte
Alexandre Dumas zum Direktor der Antikensammlung, dieser wurde
aber bald durch einen Spezialisten ersetzt.
Die Aufgabe der Archäologen
ist bis heute äußerst schwierig. Sie müssen nicht nur
eine 6-7 m dicke Ascheschicht abtragen, sondern die Ruinen auch
vor den Witterungseinflüssen und dem Touristenstrom schützen.
Unmittelbar nach den Ausgrabungen waren die Farben auf den
Wandgemälden noch in ihrer alten Schönheit erhalten.
Die Lava hatte alle Farbpigmente konserviert. Doch schon nach
ein paar Jahren war die Pracht verblaßt, weil ungünstige
Witterungsverhältnisse die nun unüberdachten Wände stark
beschädigten. Ab 1850 begannen Studenten der Kunstakademie
Neapel die freigelegten Motive an den Wänden abzumalen. Heute können
uns diese Arbeiten darüber Aufschluß geben, wie herrlich und
farbenfroh die pompejanischen Fresken einst gewesen sind. Heute
ist nur noch ein schwacher Abglanz davon übrig geblieben.
Durch die
Ausgrabungen wurde Pompeji im Grunde ein zweites Mal zerstört.
Ohne Mauern und Decken erneut zu errichten, also Pompeji so
wieder aufzubauen wie es in der Antike war, ist ein weiterer
Zerfall nicht aufzuhalten. Damit gehen Kulturschätze verloren,
die nie wieder zu ersetzen sind.
Im 2. Weltkrieg
wurde Pompeji bombardiert. Nach
einem heftigen Vulkanausbruch des Vesuvs im Jahr 1944
halfen die Amerikaner dann in Friedenszeiten ab 1945 beim Wiederaufbau. Auch
Hollywood entdeckte Pompeji als Filmstoff, 1949 entstand nach
Bulwer-Lyttons Buch die 12. Filmfassung.
Pompeji heute
Nicht zuletzt durch Bürokratismus,
Korruption und Ignoranz ist Pompeji als einzigartiges Kulturerbe
der Menschheit in Gefahr ein zweites Mal unterzugehen.
Jahrhunderte lang haben es die Verantwortlichen versäumt, die
ausgegrabenen Schätze für die Nachwelt sorgsam aufzubewahren.
Heute sind die einst für ihre Perfektion und konservierte
Leuchtkraft berühmten Wanddekorationen dem Zerfall
preisgegeben. Eine Staubschicht überdeckt zudem die noch
vorhandenen mageren Farbreste für den Betrachter. Die durch
vorgesetzte Glasplatten nur unzureichend geschützten Schriften
und antiken Graffiti sind ebenfalls durch den Staub auf diesen
Glasplatten kaum noch erkennbar.
Ein erneutes
Erdbeben 1980 richtete zusätzliche verheerende Schäden an.
Schutzdächer stürzten ein und viele der einst zu
besichtigenden Häuser wurden baufällig und sind seither für
den Publikumsverkehr gesperrt.
Auf den Straßen
Pompejis fristen viele herrenlose Hunde ihr Dasein. Hinzu kommen
pro Jahr über zwei Millionen Besucher und es bleiben - wie
bereits erwähnt - noch große Gebiete der Stadt für die
Archäologen zu entdecken. Nicht alle Häuser und Viertel sind für
die Öffentlichkeit zugänglich. Viele archäologische
Forschungsteams aus aller Welt, vorwiegend aus Italien, von der
British School, dem Deutschen Archäologischen Institut in Rom
und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erforschen
anhand der Funde in jeweils abgesteckten Arealen Kunst und
Lebenszusammenhänge der Menschen in den Häusern und deren Veränderungen
in der Antike. Alle Artefakte werden gewaschen, gesiebt und
zeitlich eingeordnet.
Nur 14% der
ausgegrabenen Fläche steht den Besuchern heute für eine
Besichtigung zur Verfügung. In der Zukunft ist geplant, die
Restaurierung voranzutreiben, mehr Häuser für den
Publikumsverkehr zu öffnen, um damit zu erreichen, daß sich
die Besuchermassen schonender über die Stadt verteilen. Um
dieses einmalige Kulturgut zu retten, sind sicherlich auch
Änderungen notwendig, die den Tourismus auch einschränken
können. Bereits restaurierte Villen sind schon jetzt nur mit
Voranmeldung und in kleinen Gruppen zu besichtigen. Um die
enormen Kosten für eine neue Konzeption aufbringen zu können,
sind Kulturministerium und Parlament auf der Suche nach neuen
Marketingstrategien. Vor allem Sponsoren sollen sich finden, die
einzelne Ausgrabungs- und Sanierungsprojekte fördern. Desweiteren
wird auch die Idee vertreten,
die Häuser wieder ganz in ihren ursprünglichen Zustand zu
versetzen.
Der Status der
Anlage ist teilweise besorgniserregend. Erst seit 1995 hat die
italienische Regierung ein Gesetz verabschiedet, dass der
Sopraintendenza erlaubt, die Eintrittgelder sowie die geringen
staatlichen Subventionen selbst zu verwalten und zielgerecht in
die Restaurierung und Erhaltung der Gebäude einzusetzen. Dennoch:
Laut einer Meldung in der Süddeutschen Zeitung vom
09.07.2008 hat die italienische Regierung für Pompeji den
Notstand ausgerufen und zahlreiche Änderungen versprochen, die
dem Erhalt der Ausgrabung dienen sollen. Es bleibt abzuwarten,
wann und wie die Konzepte greifen.
Insgesamt wurden viele Ausgrabungsfundstücke
in das 14 km entfernte Archäologische Museum von Neapel gebracht. In den
Nachmittagsstunden kann man dort in Ruhe die Statuen und
Kunstgegenstände aus Pompeji betrachten. Diese Statuen und
Gegenstände sollen in den Häusern durch Kopien ersetzt werden,
um den Besuchern so genau wie möglich ein Bild über die tatsächlichen
Lebens- und Wohnumstände der Pompejaner zu vermitteln.
Erst 1998 wurde
Pompeji, zusammen mit Herculaneum und Torre Annunziata von der
UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt.
Das antike Leben
in Pompeji vor der Katastrophe
Wirtschaft
Der Gipfel des Vesuvs
liegt 1200 m über dem Meeresspiegel. Es gibt nur eine einzige
pompejanische Darstellung, auf der der Vesuv zu sehen ist und
zwar auf einem Wandgemälde, das den Gott Bacchus als Weintraube
zeigt, mit dem Vulkan im Hintergrund. Durch den vulkanischen Boden
ist das gesamte Land äußerst fruchtbar. Es gibt drei Ernten im
Jahr. Pompeji war Hafen- und Handelsstadt und wurde bereits
um 600 v. Chr. gegründet und von den Samniten, einem Volksstamm
aus dem Apennin besiedelt, bis die Römer diese 80 v. Chr.
besiegten.
33
landwirtschaftliche Betriebe waren in Pompeji ansässig
und produzierten Olivenöl, Früchte, Gemüse, Getreide und
Wein. Die Landbesitzer wurden reich, allein durch den Verkauf
von Wein. Die Weinamphoren mit den Namen pompejanischer
Besitzer wurden sogar in Gallien entdeckt. Für ein
bis vier Asse konnte man sich einen Krug Wein bestellen.
Noch heute wird aus den Trauben nahe des Vesuvs der Wein
Lacrimae Christi hergestellt. In der Antike betrieben die
Einwohner außerdem Viehzucht. 38 Textilmanufakturen sind
in Pompeji überliefert. Doch der wichtigste Erwerbszweig war
die Herstellung von GARUM, einem Allroundgewürz, das man für
alle Speisen verwandte und welches in das gesamte Römische
Reich exportiert wurde.
Die Pompejaner waren
sehr geschäftstüchtig. Auf dem Boden vor einem der Häuser
fand man die Inschrift: "Es lebe der Gewinn". Nicht
nur Patrizier, die durch Geburt dem höheren Stand angehörten,
sondern auch Kaufleute konnten sich in Pompeji reich geschmückte
Häuser und Villen leisten. Stofffabrikanten, Parfümhersteller
und Goldschmiede hatten ein sehr gutes Einkommen.
Die
Währung |
|
|
Ein
500-g-Brot kostete |
1
Ass |
|
|
4
Asse sind |
1
Sesterz |
Eine
Tunika kostete |
|
15
Sesterzen |
Ein
Maultier kostete |
|
520
Sesterzen |
Ein
Sklave kostete |
|
3000
Sesterzen |
|
|
|
Auf den Märkten
wurden alle Waren angeboten - vom Bronzegerät bis hin zu
Meeresfrüchten. 34 (bisher entdeckt) Bäcker versorgten die Bewohner der Stadt
mit achteckigen Broten, die in Holzöfen gebacken wurden. Die Mühlsteine
waren aus Lava.
Gebäude
und Infrastruktur
Pompeji zählte zu den wohlhabenden Städten des Römischen
Reichs. Das Forum, das nur für Fußgänger zugänglich
war, bildete den Stadtkern. Dort befanden sich Verwaltungsgebäude,
Thermen für Männer und Frauen sowie die Markthallen. Die
eindrucksvollste Anlage war natürlich das Forum selbst, ein
langgestreckter Platz mit umlaufender Säulenhalle. An der
Nordseite stand der Capitolinische Tempel, im Osten schloß sich
das Macellum an, eine Markthalle für Lebensmittel, ebenso der
Tempel des Vespasian und das Gebäude der Eumachia (Markthalle für
Stoffe). Im Südosten befand sich das Comitium (Gericht), an der
Westseite des Forums die Basilika (55 x 24 m groß) mit dem
dahinter befindlichen Areal der Venus Pompejana, der Stadtgöttin
Pompejis.
Zu den öffentlichen
Gebäuden zählte außerdem das rund 5000 Menschen fassende Große
Theater, das überdachte Kleine Theater, der Isistempel, der
Tempel des Zeus Meilichios sowie das im 1.Jh. v. Chr. erbaute
Amphitheater im Südosten der Stadt. Das Theater besaß 35
Sitzstufen und bot 20.000 Zuschauern Platz für Gladiatorenkämpfe.
Zu den wichtigsten
Gebäuden zählen ebenso die Stabianer Thermen, die
bedeutendste Badeanlage Pompejis. Es gab getrennte
Räumlichkeiten für Männer und Frauen sowie jeweils ein Becken
für warmes (Caldarium) und kaltes (Frigidarium) Wasser.
Die Pompejaner führten ein sinnenfreudiges Leben. Im Haus der
Hundertjahrfeier (Casa del Centenario) erbaute ein
Privatmann seine eigenen Thermen. Der Heizraum befand sich im
Untergeschoß, von dort aus wurde der Dampf zwischen die Wände
der Thermen geleitet. Die Räume selbst dienten nicht nur der
Gesundheit und Entspannung, sondern auch Gesprächen und
Diskussionen. Die Wände waren mit herrlichen Mosaiken geschmückt,
die Ruheräume mit Wandmalereien, die vorwiegend erotische
Motive zeigten.
Die Straßen
wurden mit Basaltplatten gepflastert und besaßen Bürgersteige.
Bei Regen gelangte man über hochragende Steinblöcke trockenen Fußes auf die andere Straßenseite. Die Abstände
waren so bemessen, dass die Wagenräder noch durchfahren konnten. Es herrschte ein reger und schneller
Verkehr auf den Straßen. Wagen waren sehr beliebt und jeder,
der etwas auf sich hielt, besaß einen. Noch heute kann man
sehen, welche tiefen Spuren die Wagenräder hinterlassen haben.
Das öffentliche Kanalsystem
funktionierte problemlos. Seit 35 v. Chr. wurde
Quellwasser über ein 96 km langes Aquädukt über Kanäle zu
den zahlreichen mit Mosaiken verzierten Brunnen geleitet sowie zu den Häusern der Reichen. Diese
konnten es sich leisten, ihre Küche, private Badeanlagen,
Latrinen und Gärten mit fließendem Wasser zu versorgen. Der
daraus resultierende hohe Verbrauch der Pompejaner wird pro Kopf
und Tag auf 200 bis 400 Liter geschätzt. Aus dem 1.Jh. stammen
die am Straßenrand entlang führenden Bleiwasserrohre. Auf
ihnen ist teilweise noch der Name des Herstellers zu lesen. Nach
dem Erdbeben von 62 waren die Wasserleitungen nur notdürftig
geflickt worden.
Berühmt war Pompeji
auch für seine zahlreichen Bordelle. Viele Römer
verbrachten ihre Ferien in dieser Stadt, die stark mit Rom
konkurrierte und seinen Gästen gefällige Anreize
für den Aufenthalt bot.
Einige Führungen
für Besucher beginnen am Lupanar (Bordell).
Wahrscheinlich waren hauptsächlich Seeleute und ärmere
Pompejaner Gäste dieses Hauses. Die Wandmalereien
zeigen dazu passend eindeutig erotische Szenen und geben Zeugnis
vom sinnenfreudigen Alltagsleben dieser Epoche.
Bildung und
Freizeit
Fast alle Bewohner in
Pompeji konnten lesen und schreiben. Auf den Häuserwänden der
Stadt gibt es zahlreiche Werbe- und Wahlsprüche der
Politiker sowie die berühmten Graffiti zu sehen.
Die Pompejaner
liebten das Schauspiel, vorwiegend Komödien und die
leicht anrüchigen Farcen. Die Schauspieler trugen Masken. Das große Theater
bot Sitzplätze für 5000 Gäste. Gleich daneben lag das kleine
Odeontheater, in dem hauptsächlich Musik und Dichtkunst
vorgetragen wurde.
Am meisten verehrte
das Publikum die Gladiatoren, obwohl sie Sklaven waren
und den Veranstaltungsunternehmern, die auch die Kämpfe
ausrichteten, gehörten. Nach mehreren Siegen jedoch wurden sie
von ihren Besitzern zum Dank oft freigelassen. Über ihre Siege
und ihr Privatleben waren die Pompejaner bestens informiert. Sie
waren die Stars der Antike. In den Theatergängen finden wir
noch heute die Inschriften der Zuschauer, die über die
Gladiatoren Auskunft geben. Das große Amphitheater faßte bis
zu 20.000 Besucher. Oft spendierten Politiker auf der Suche nach
Wählerstimmen dem Volk einen Gladiatorenkampf - auch gegen
Tiere. Einer der Werbesprüche der Zeit lautete : "Das
Sonnendach ist aufgespannt". Das besagte, daß man die
Arena für einen Kampf herrichtete.
Als gesellschaftlicher
Höhepunkt galt allerdings die Einladung oder Ausrichtung eines
festlichen Gelages bzw. Gastmahles, bei dem der Hausherr seine
Schätze, Kunstgegenstände und Dekorationen den Gästen
vorführte.
Die Frauen
Frauen wurden bewundert
und verehrt; sie nahmen an allen Veranstaltungen teil, stets
elegant gekleidet und sorgfältig geschminkt und frisiert. Auch
sie trafen sich untereinander in den Thermen zur Entspannung und
zu Gesprächen. Frauen besaßen weder aktives noch passives
Wahlrecht, dennoch nahmen sie durch ihre hohe gesellschaftliche
Stellung Einfluß auf die männlichen Mitglieder ihrer Familien. Es fanden sich feinste Schmuckstücke, oft mit Smaragden besetzt,
die die Fruchtbarkeit ihrer Trägerinnen fördern sollten.
Die Männer
Männer gingen ihren
Geschäften nach, Kaufleute gab es viele im Pompeji, doch auch
Bankiers, Dichter und Chirurgen, Handwerker, Bäcker, Stofffabrikanten,
Landbesitzer und reiche Weinbauern. Ein Pompejaner ließ
Verhaltensmaßregeln auf die Wände eines Zimmers malen,
vielleicht Ermahnungen an Gäste wie "Wasch Dir die Füße,
ein Diener wird sie Dir abtrocknen", "Achte auf Deine
Sprache", "Versuche nicht mit der Frau Deines Nachbarn
oder Freundes anzubändeln", "Vermeide
Auseinandersetzungen".
Es war wichtig,
seinen Reichtum zu zeigen. So sind wertvolle Gegenstände
aus Elfenbein, Glas oder Silber, die sich im Besitz einer
Familie befanden auch in gemalter Form auf den Wände des Hauses
oder sogar auf den Grabmauern abgebildet worden, so z.B. ein
Silbergeschirr auf der Grabmauer eines reichen Kaufmannes.
Architektur
Die architektonischen
Vorbilder stammten ohne Zweifel aus Griechenland. Auch das
bescheidenste Wohngebäude in Pompeji wurde nach dem gleichen
Grundprinzip erbaut. Die Räume sind um einen quadratischen Hof, das Atrium,
angeordnet.
In der Mitte befindet sich ein Becken, in dem das Regenwasser,
welches durch eine von vier Säulen getragene Dachöffnung
eindringt, aufgefangen wird. Von dort wird es in Zisternen
geleitet und gespeichert. In einigen Häusern
hieß das Atrium seine Besucher willkommen. Besonders
beeindruckend muß es im Haus der Hundertjahrfeier (Casa del
Centenario) und im Haus des Fauns (Casa del Fauno, so
benannt nach der kleinen Faunstatue im Innenhof) gewesen
sein. In beiden Häusern gab es gleich zwei Atrien.
Gäste betraten das
Haus aber meistens durch eine kleine reich verzierte Vorhalle, das Vestibül,
häufig mit Phallusmotiven, Amoretten und anderen Wandmalereien versehen,
die die Bewohner schützen sollten. Das berühmteste Beispiel
dafür bietet das Haus der Vettier (Casa dei Vettii). Es wurde in den Jahren 1894
und 95 ausgegraben und gehörte zwei reich gewordenen Brüdern
aus dem Kaufmannsstand. Eventuell war es auch für den damaligen
Geschmack schon etwas zu übertrieben ausgeschmückt gewesen. Im
Vestibül befindet sich eine Wandmalerei, die Priapos mit einen
Riesenpenis zeigt und die Bewohner gegen Neid und Mißgunst schützen
sollte.
In dem sogenannten
Lararium befand sich eine Art Familienaltar für die
Schutzgötter.
Das Peristyl,
ein von Säulen getragener Innenhof mit Garten vergrößerte das
Haus und schuf für die Bewohner eine Naturoase inmitten des
Wohngebäudes. Das Peristyl diente außerdem zur Kultivierung
von seltenen Pflanzen. Manchmal finden die Archäologen auch
Nutzpflanzen in diesen Gärten. Im Haus der Poppeia (Villa
Oplontis in Torre Annunziata) fand man im
Peristyl sogar veredelte Zitronenbäume. Im Garten selbst
zelebrierten die reichen Pompejaner auch ihre Wasserspiele. Das
Wasser wurde durch raffinierte Konstruktionen in die Säulen
hochgepumpt, von wo aus es sich kunstvoll in Becken und Brunnen
ergoß.
Die luxuriösen und
modernen Häuser sind um das Peristyl herum angeordnet. Von den
kreisförmig angeordneten Gängen gingen die Küche und alle
anderen Zimmer ab. Julia Felix besaß ein Haus dieser Art mit
einem Obstgarten. Nach dem Erdbeben von 62 wurden Teile ihres
Hauses zerstört und sie geriet in Geldnot. Ab dieser Zeit
vermietete sie Zimmer und stellte Honig her, mit dem der
einheimische Wein gesüßt wurde. Vom Säulengang ihres
Peristyls gelangt man zum Triclinium, dem sommerlichen
Eßzimmer.
Im abgelegenen
Wirtschaftstrakt befand sich die Latrine. Dort wurden auch die
Speisereste entsorgt.
Die Räume für
die Sklaven lagen meistens im Untergeschoß der Häuser.
Ihre Wände und Säulen waren durch schwarze Streifen
gekennzeichnet. Gekocht wurde auf der Glut, denn einen Ofen gab
es für sie nicht.
Viele Häuser hatten
zwei Stockwerke. Nach Römischem Recht durfte nur derjenige sein
Haus aufstocken, wenn er zugleich auch das Grundstück besaß. Zu
erforschen bleibt, ob das obere Stockwerk vermietet wurde oder
dort ärmere Familienmitglieder oder Bedienstete wohnten.
Die Nischen zur
Straße hin waren oft an Geschäfte vermietet. In der Regel
gab es keinen Zugang zu den dahinterliegenden Privathäusern.
Fresken und
Mosaike
Neben den schon erwähnten
erotischen Motiven in Wohnhäusern, Bordellen und Thermen fanden
die Archäologen auf den Wänden auch zahlreiche Abbildungen von
Nahrungsmitteln. Die Ernährung der Pompejaner bestand
hauptsächlich aus Früchten und Gemüse sowie Hasen, Drosseln,
Enten, Wildschweinen, Rehen und Fischen.
Neben diesen Alltagsmotiven entdeckte man auch stilisierte Tier-
und Naturdarstellungen. Im Gewächshaus der Villa von Poppeia
(Villa Oplontis) sind die schönsten dieser Pflanzenmotive zu
besichtigen.
Die Wände wurden
vor dem Bemalen sehr gut vorbereitet und poliert und nach der
Fertigstellung der Motive noch einmal perfekt glattgeschliffen.
Dadurch erhielten die Fresken ihren Glanz und ihre
Farbfestigkeit.
Besonders
bemerkenswert sind auch die Materialien, die die Künstler für
ihre farbigen Hintergründe verwandten:
Ruß |
für
schwarze Hintergründe |
hydratisiertes
Eisenoxyd |
für
gelbe Hintergründe |
Kalk |
für
weiße Hintergründe |
Eisenoxyd,
Zinnober und Quecksilberoxyd |
für
rote Hintergründe |
Zuweilen mischten
die Maler auch alle Farbhintergründe und Stile in einem Haus
und an einer Wand. Das Haus der Vettier (Casa dei Vettii) und die Villa der
Mysterien (Villa dei Misteri) zeigen dafür die besten Beispiele.
Wichtiges
Stilelement war die
Perspektive, die manchmal, wenn auch nicht perfekt geglückt,
sich mit der Architektur eines Hauses verband. Reale
Architektur und Architekturmalerei gingen ineinander über.
Bei der Überfülle
an ornamentalen Strukturen wurden häufig in die Mitte einer so
bemalten Wand Darstellungen von Personen wie ein Bild im Bild
eingefügt. Neben den üblichen Motiven gab es auch religiöse
und impressionistische Elemente. Besonders geschätzt bei der
Oberschicht war die Font Bleu Malerei. Aber auch weniger
begüterte Familien versuchten ihre Eingangshalle mit üppigen
Wanddekorationen zu schmücken.
Die Mosaikmotive
zeigen das Meandermuster, andere geometrische Formen oder - sehr
häufig - Tiere. Das berühmteste Mosaik aus dem Haus des
Fauns (Casa del Fauno) wurde aus über einer Million kleinster Teile gefertigt
und stammt von einem unbekannten Meister. Es stellt die
Alexanderschlacht bei Issos im Jahre 333 v. Chr. dar, in der
Alexander der Große den persischen König Darius III. besiegte.
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